zu zweit

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Mittwoch, 26. Oktober 2011

Argentiniens trauernde Witwe wiedergewählt

In ihrer Rede zeigte sich Präsidentin Cristina Kirchner traurig und glücklich zugleich.


Sichtlich berührt stellte sie sich im Wahlbunker ans Rednerpult. Mit weinerlicher Stimme gedachte sie ihres verstorbenen Mannes, mit selbstbewusster Stimme dankte sie ihrer Wählerschaft und betonte stolz: „Ich bin die erste Frau in Argentinien, die als Staatsoberhaupt wiedergewählt worden ist.“ Die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ist am Sonntag mit rund 54 Prozent der Stimmen in ihrem Amt bestätigt worden. Vor dem Regierungspalast Casa Rosada in der Hauptstadt Buenos Aires versammelten sich Tausende Anhänger auf dem Platz Plaza de Mayo. Mit Fahnen und Chorgesängen feierten sie den Sieg der 58-Jährigen. 

Nur ein Jahr davor sah es keineswegs danach aus, dass die Argentinier die kokette Staatsfrau wiederwählen würden. Sie waren müde von der Kirchner-Regierung, die sich durch einen konfrontativen und autoritären Führungsstil auszeichnete. Dann – im Oktober 2010 – erlag Cristinas Gatte und Ex-Präsident Néstor Kirchner (2003-2007) unerwartet einem Herzinfarkt. Die Beliebtheitswerte der Staatschefin nahmen wieder zu. Nicht nur, weil die trauernde Witwe in der Bevölkerung viel Mitgefühl erwirkte. Sondern auch, weil sie seither einen sanfteren Ton anschlägt.

Weiter besinnten sich die Argentinier, dass es ihnen wirtschaftlich besser geht, seit die Kirchners an der Macht sind. In der Tat verzeichnet das Land jährlich einen Wirtschaftszuwachs zwischen sieben und neun Prozent. Und soziale Regierungsprogramme haben Menschen aus armen Schichten die Haushaltskasse aufgebessert und deren Kindern den Zugang zu Bildung gesichert. Worüber Cristinas Wähler nobel hinweg schauten, sind die erneut ansteigende Inflation und die Korruptionsskandale, in welche die Regierung verwickelt zu sein scheint.

Eine Überraschung war Cristinas hervorragendes Resultat nicht: Eine Vorwahl zu den Präsidentschaftswahlen hatte es bereits angekündigt. Im August waren erstmals in Argentinien die Landesbewohner dazu aufgerufen, für Vorwahlen an die Urnen zu gehen. Eine Reform aus dem Jahr 2009 verlangt neu, dass sich Präsidentschaftskandidaten als solche erst „qualifizieren“. Cristina erreichte rund 50 Prozent der Stimmen, die drei Nächstplatzierten erzielten lediglich zwischen 10 und 12 Prozent. Das deutliche Resultat führte dazu, dass die gegnerischen Kandidaten bis zu den eigentlichen Wahlen einen eher langweiligen und oft inhaltslosen Wahlkampf führten.

Spannend blieb nur, was mit dem Präsidentschaftskandidaten Hermes Binner geschehen würde. Der bislang auf nationaler Ebene unbekannte sozialistische Politiker hatte ihn den Vorwahlen überraschend den vierten Platz belegt. Daraufhin berichteten alle Medien über ihn. Diese neue Popularität verhalf dem Doppelbürger, er besitzt sowohl den argentinischen als auch den schweizerischen Pass, zwei altbekannte Politiker zu überholen. Er schaffte es am Sonntag mit 17 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. Sein Erfolg wird auf die helvetischen Wurzeln zurückgeführt: Er sei fleißig, korrekt und ehrlich.

Die rund 29 Millionen wahlberechtigten Argentinier wählten ebenso die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel der Senatoren neu. Cristinas „Frente para la Victoria“, ein Flügel innerhalb der populistischen Peronistenpartei, kann nun auch mit einem absoluten Mehr in der Abgeordnetenkammer rechnen. (Camilla Landbö)






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