zu zweit

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Freitag, 13. Mai 2011

Mit Optimismus in die Zukunft

Paraguay feiert 200 Jahre Unabhängigkeit

Die Wende: Ex-Bischof Fernando Lugo wird Präsident (2008).

Paraguay - die Insel ohne Meer. Das Land im Herzen Südamerikas wurde nicht nur wegen des fehlenden Meereszugangs lange so genannt, sondern auch wegen seiner politischen und wirtschaftlichen Isolation. Ein blutiger Krieg, 35 Jahre Diktatur, Korruption und Armut haben Paraguay maßgeblich geprägt. Heute noch gilt der Binnenstaat als eines der ärmsten Länder Südamerikas. Aber Aufbruch und Modernisierung im Land sind merklich spürbar. Paraguay wird selbstbewusster. Dieses Wochenende feiert der Staat 200 Jahre Unabhängigkeit – mit optimistischem Blick in die Zukunft.

„Die Paraguayer sind stolz darauf, trotz aller Rückschläge nie aufgegeben zu haben“, sagt der deutschstämmige Historiker Hans Theodor Regier aus Asunción. Außerdem habe das Land 2010 die höchste Wachstumsrate Südamerikas verzeichnen können. „Heute zählt Paraguay wieder zu jenen Ländern mit einem interessanten Entwicklungspotential“, sagt Regier. Paraguay unterscheide sich zudem von seinen Nachbarn dadurch, dass die spanischen Eroberer und die Urbevölkerung – die Guaraní – sich von Anfang an vermischt hätten. Von den rund 6,5 Millionen Paraguayer sind heute über neunzig Prozent Mestizen. Sowohl Spanisch als auch Guaraní sind offizielle Landessprache.

In Vergessenheit geraten: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Paraguay eines der reichsten Länder Südamerikas. Es war wirtschaftlich unabhängig, frei von Schulden, hatte keine Hungrigen und verfügte über das erste Eisenbahnnetz sowie das beste Militär auf diesem Kontinent. „Den Nachbarn war Paraguay ein Dorn im Auge“, betont Regier. Brasilien, Uruguay und Argentinien schlossen sich zur Tripel-Allianz zusammen und innerhalb von fünf Jahren (1865-1870) machten sie Paraguay dem Boden gleich, plünderten Städte, zerstörten die Industrie. Der Binnenstaat verlor nicht nur die Hälfte seines Territoriums, sondern auch bis zu zwei Drittel seiner Bevölkerung.

Heute gelten rund 35 Prozent der Paraguayer als arm, zwanzig Prozent leben in extremer Armut. „Das ist unter anderem eine Folge des Tripel-Allianz-Krieges“, sagt Regier. Besonders von Armut betroffen ist die Urbevölkerung, die nach wie vor schlechten Zugang zu Bildung und Gesundheit hat. Als Arbeitskräfte werden die Indigenas nicht selten ausgenutzt. Meist erhalten sie nur die Hälfte des vorgegebenen Mindestlohns, wie ein jüngster Bericht des Internationalen Gewerkschaftsbundes festhält.

Ab Mitte des letzten Jahrhunderts regierte in Paraguay über sechzig Jahre die Partei Colorado. Auch der deutschstämmige Diktator Alfredo Stroessner (1954-1989), der Kommunisten und linksgerichtete Geistliche verfolgen ließ, gehörte dieser konservativen und traditionellen Partei an. Korruption gehörte zum Alltag. Heute noch gilt Paraguay als eines der korruptesten Länder Südamerikas.

Die Hoffnung der Armen: 2008 wählten die Paraguayer Ex-Bischof Fernando Lugo zu ihrem Staatsoberhaupt und beendeten somit die langjährige Colorado-Herrschaft. Der sozialausgerichtete Katholik versprach der Bevölkerung Korruption und Armut zu vermindern, das Bildungs- und Gesundheitswesen auszubauen und Land an die arme Bevölkerung zu verteilen. Paraguay ist ein stark landwirtschaftlich geprägtes Land. Die Landaufteilung allerdings ist äußerst ungerecht: Kleinbauern haben für die Bewirtschaftung nur einen kleinen oder gar keinen Acker mehr, dagegen haben sich Mittel- und Großunternehmen über die Jahre für die Viehwirtschaft und den Soja-Anbau riesige Ländereien angeeignet.

„In Bildung und Gesundheit hat Lugo investiert“, sagt Regier. Aber die Korruption sei wohl kaum zurückgegangen. „Auch eine weitgehende Agrarreform und die Armutsverminderung stehen noch aus“, sagt der Historiker. Tatsache ist, Lugo hat es nicht einfach, im Parlament etwa kann er mit keiner Mehrheit rechnen. Viele Gesetzesprojekte kommen nur schleppend voran oder werden verhindert. Vergangene Woche räumte Lugo bei einer Veranstaltung anlässlich der bevorstehenden Unabhängigkeitsfeier ein: „Trotz Wirtschaftswachstum habe wir alte Probleme wie Armut und Arbeitslosigkeit noch nicht gelöst.“ (Camilla Landbø)

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