zu zweit

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Samstag, 14. Mai 2011

Bergoglio soll von Baby-Raub gewusst haben

Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Bergoglio, muss als Zeuge aussagen.

Kardinal Jorge Bergoglio wird in einem laufenden Prozess gegen Militärs der letzten argentinischen Diktatur als Zeuge aufgerufen. Dies hat letzten Montag das zuständige Gericht entschieden. Der Erzbischof von Buenos Aires soll von dem systematischen Raub von Neugeborenen gewusst haben, sagte eine Zeugin Anfang Mai aus.

Die Schwester der Zeugin war 1977 von Militärs in der Provinz Buenos Aires entführt und später ermordet worden. Bei der Festnahme war die Frau im fünften Monat schwanger. Das Kind gebar sie in Gefangenschaft, wie die Familienangehörigen auf Umwegen erfuhren. Sie suchten verzweifelt nach der Mutter und ihrem Neugeborenen. Dabei sollen sie Hilfe bittend auch Briefe an den damaligen Vorgesetzten der Ordensprovinz der Jesuiten gesandt haben – an Bergoglio. Die Zeugin legte vor rund zwei Wochen die Briefe aus den 70er Jahren den Richtern vor, die zwischen Bergoglio und den Familienangehörigen hin- und hergegangen waren. Pikant an der Sache: Bergoglio musste bereits im November 2010 in einem Prozess gegen Diktaturverbrecher aussagen. Dabei versicherte er, dass er erst vor zehn Jahren erfahren habe, dass während der Militärdiktatur Mütter ihrer Kinder beraubt wurden.

Von 1976 bis 1983 regierte in Argentinien eine Militärjunta. Mutmaßliche linksgerichtete Regimegegner wurden verfolgt, oft in Nacht- und Nebelaktionen verhaftet, in Geheimgefängnissen gefoltert und getötet. Ihre Leichen wurden verscharrt, verbrannt oder aus Flugzeugen in den La-Plata-Fluss geworfen. Nach deren Überresten suchen viele Familienangehörige noch heute. Menschenrechtsorganisationen schätzen die Zahl der Verschwundenen auf mindestens 30.000.

Unter den Verschleppten befanden sich zahlreiche schwangere Frauen. Sie gehörten zu den Gefangenen mit Sonderbehandlung, die etwa eine anständige Mahlzeit erhielten. Nach der Geburt des Kindes wurden die Mütter meist umgebracht und das Neugeborene kinderlosen Militärs überreicht oder zur Adoption frei gegeben. Die Abuelas de Plaza de Mayo, die Großmütter der verschwundenen Kinder, schätzen, dass rund 500 Babys inhaftierten Frauen entrissen worden sind. Mittels DNA-Analysen konnten die Großmütter bis heute 103 solche Kinder, die unter falschen Namen in fremden Familien aufgewachsen sind, ausfindig machen. Wegen des Baby-Raubs stehen seit Februar unter anderem die ehemaligen Juntachefs Jorge Videla und Reynaldo Bignone sowie ein Arzt vor Gericht.

Der katholischen Kirche wird immer wieder vorgeworfen, dass sie während der Militärdiktatur mit der Junta kooperiert habe. Besonders die Kirchenleitung solle sich für die Verschwundenen nicht interessiert und zudem Leute aus der eigenen Reihe verraten haben, bestätigen etwa Menschenrechtsorganisationen, selbst Priester. Vor rund drei Jahren wurde außerdem der ehemalige Polizeikaplan Christian von Wernich zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Priester war an Folterungen, Entführungen und Morden während der Diktatur beteiligt gewesen.

In der Kirche gab es damals auch andere Strömungen. Zahlreiche Geistliche setzten sich für die gefangenen Regimegegner und ihre Angehörigen ein oder kämpften für die Armen in den Elendsvierteln Argentiniens. Mindestens zwanzig Priester wurden wegen ihres politischen und sozialen Einsatzes umgebracht. Wegen des Mordes an den Bischof von La Rioja, Enrique Angelelli, muss sich Ex-Diktator Videla bald schon vor Gericht verantworten. Der Bischof war 1976 in einem dubiosen Autounfall ums Leben gekommen. Am Tag seines Todes hatte er versucht, das Schicksal zweier ermordeten Priester aufzuklären. Die Unterlagen, die er auf der Fahrt dabei hatte, tauchten später beim argentinischen Innenminister Albano Harguindeguy auf.

Kardinal Bergoglio kann entscheiden, ob er vor Gericht erscheint, die Aussage in seiner Residenz macht oder sich schriftlich äußert. Das ist ein Recht, das „hohen kirchlichen Würdenträgern“ eingeräumt wird. Die Menschenrechtsorganisation Abuelas de Plaza de Mayo, die als Klägerin auftritt, kritisiert diese „spezielle Behandlung“ scharf. Ihr Anwalt betonte, das sei unakzeptabel, wenn man in Betracht ziehe, dass die Verfassung Argentiniens laizistisch ist. (Camilla Landbø)

1 Kommentar:

  1. Religion halt. Es gibt keine Hoffnung gegen diese je anzukommen.

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